
Das 1289 erstmals erwähnte Scharfrichterhaus wurde vom Stralsunder Scharfrichter als Wohn- und Arbeitsstätte genutzt. Um 1412 wurde ein Turm an das Gebäude angegliedert, dessen Kellergewölbe als Gefängnis für die Stralsunder Schurken diente. Auffällig ist der entgegen der damals üblichen Bauweise nicht zur Straße weisende Schaugiebel, der beim Abriss des Nachbargebäudes vollständig zum Vorschein kam. Das beweist die Legende, dass der Scharfrichter ein im Mittelalter von der Gesellschaft Ausgestoßener war und das Gebäude ursprünglich frei stand. Das Verdienen des täglichen Brotes war für den Scharfrichter nicht ganz ungefährlich. Mehrere Berichte in den Archiven Stralsunds erzählen von der Tötung des Scharfrichters durch das bei der Hinrichtung anwesende Publikum, wenn z.B. der Kopf des Verurteilten nicht beim ersten Hieb mit dem Schwert oder Beil vom Rumpf getrennt wurde. Die Hinrichtungsstätten wechselten im Laufe der Stadtgeschichte, so wurde z.B. der Alte Markt und der Galgenberg, außerhalb der Altstadt, als solche genutzt. Neben dem Scharfrichterhaus in Tallin, Estland, ist das Stralsunder Exemplar das einzig erhaltene im Ostseeraum. C. H. Wentzel war der letzte Scharfrichter Stralsunds. Er starb 1841. Die letzte Hinrichtung eines Mörders jedoch fand am 26.04. 1855 durch einen auswärtigen Scharfrichter im Garten des alten Stralsunder Stadtgefängnisses, Bielkenhagen / Heilgeiststraße, statt.
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